Schuldenbremse, Schwarze Null, Stabilitätspakt

Wohlklingende Wörter und Ausdrücke werden gewählt, wenn es gilt, die Bevölkerung von der Tugendhaftigkeit der Politik in Finanzfragen zu überzeugen. Die dabei auftretenden Verrenkungen, die entstehen, wenn Geldausgabeexzesse mit Vokabeln wie z.B. ‚Stabilitätspakt‘ bemäntelt werden, sind irreführend und zum Teil ulkig.

Zunehmend fühlt man sich an die Zeiten der gottlob verblichenen DDR erinnert, wo sich die Aushängeschilder des Politbüros alle Mühe gaben, ihr Land als Hort von Frieden, Demokratie und Internationalität darzustellen. Walter Ulbrichts Wort: „Niemand hat die Absicht, eine Mauer zu errichten!“, gesprochen am 15. Juni 1961, hätte Aussicht beim Wettbewerb um die Lüge des Jahrhunderts den Siegertitel zu erringen.

Wie steht es aber mit dem Versprechen der CDU vor der Euro-Einführung, dass kein Land für die Schulden eines anderen Landes würde aufkommen müssen? Nunmehr sind die Euro-Bonds beschlossene Sache. Und ist nicht die ach so gefeierte Schuldenbremse eine Farce, wenn sie gerade dann versagt, wenn die Versuchung der Regierenden besonders groß ist, dem Ausgeben geborgten Geldes freien Lauf zu lassen?

Bei der ‚Schwarzen Null‘ liegen die Dinge kaum anders. Es handelt sich um eine Schönwetternull! Die Kunst klugen Haushaltens besteht aber nicht darin, in Zeiten üppig sprudelnder Steuereinnahmen keine zusätzlichen Schulden aufzunehmen. Vielmehr kommt der Lackmustest des Haushaltens dann, wenn es auf der Einnahmenseite bescheidener zugeht. Von den Maastricht-Kriterien, die ohnehin noch nie eingehalten wurden, ist in der öffentlichen Diskussion überhaupt nicht mehr die Rede. Nur sollte man sich daran erinnern, dass heute kein einziges Land den Euro einführen könnte, denn kein Land würde sich qualifizieren. Man könnte auch sagen, dass heute kein Land für den Euro qualifiziert ist. Solange aber gilt, „scheitert der Euro, dann scheitert Europa“, wird sich niemand an der Situation allzu sehr abmühen. Die Karawane ist längst weitergezogen, die Schuldenkultur allerorts fest etabliert.

Begründet werden die Vertragsbrüche und nicht eingehaltenen Versprechungen und Zusagen stets mit konjunkturellen Sondersituationen bzw. Krisen. Man erinnert sich noch an den Blauen Brief, den Altkanzler Schröder seinerzeit aus Brüssel erhielt. Verschwiegen wird dabei immer, dass man ja in guten Zeiten hätte Rücklagen bilden können. War es nicht John Maynard Keynes, der ein solches antizyklisches Haushaltsgebaren bereits vor ca. 100 Jahren empfohlen hatte?

Der große und viel zu wenig bekannte Humanist Johann Gottfried Seume, Zeitgenosse von Goethe, hat das Problem der staatlichen Schuldenwirtschaft in seinem autobiographischen Bericht ‚Spaziergang nach Syrakus‘ benannt und treffend beurteilt:

„Das Lenkseil mit schlechtem Gelde ist bekannt; man führt daran, so lange es geht. … Nach meiner Meinung ist für den Staat nichts verderblicher und in dem Staat nichts ungerechter als eigentliche Staatspapiere, so wie unsere Staaten jetzt eingerichtet sind. … Jede Staatsschuld ist ein Krücke, und Krücken sind nur für Lahme.“

Die Schulden von heute begrenzen das Wachstum von morgen, das aus mehreren und vor allem demographischen Gründen ohnehin mager ausfallen wird. Für die junge Generation sind dies keine guten Nachrichten.


Aus Chicago

Ihr

Dr. Christoph Bruns