Crash am Anleihemarkt

Die Zinswende hat zu heftigen Kurseinbrüchen bei langlaufenden Anleihen geführt. Beim REXP, dem deutschen Rentenmarktindex, steht bereits nach fünf Wochen im Neuen Jahr ein Verlust von minus 1,8% zu Buche. Amerikanische Hochzinsanleihen brachen derweil um 3,75% ein. Von einer unerwarteten Entwicklung kann man jedoch nicht sprechen.

Vielmehr ist der Wirkungszusammenhang zwischen Zinsniveau und Anleihekursen mathematisch stabil und damit vorhersagbar. Bei einer zehnjährigen Bundesanleihe mit einem Kupon von Null und einer Restlaufzeit von 10 Jahren führt der Anstieg des Zinsniveaus von 0% auf 1% zu einem Abschlag des zu 100 EUR ausgegebenen Papiers auf 90 EUR. Wer die Anleihe bis zur Fälligkeit hält, der bekommt seine eingesetzten 100 EUR in zehn Jahren ausbezahlt.

Seit Jahren wundern sich Marktteilnehmer, warum die Nachfrage nach solchen Anlagen bis zuletzt erstaunlich hoch war. Denn ein gutes Geschäft sind sie offenbar nicht. Ziehen Anleger zusätzlich die Geldentwertung in Betracht, dann müssen Sie in zehn Jahren mit einem Kaufkraftverlust von knapp 22% rechnen, sofern es der Europäischen Notenbank gelingt, eine dauerhafte Inflation von 2% p.a. herbeizuführen.

Anhand der vorstehenden Betrachtung ist das mathematische Argument zugunsten einer diversifizierten Aktienanlage leicht gemacht. Weist ein Aktienfonds etwa eine durchschnittliche jährliche Dividendenrendite von 2% auf, dann darf sein Besitzer mit einem Zuwachs nach zehn Jahren von knapp 22% rechnen, ohne dass sich die Kurse der Aktien verändert haben. Man wird sich jedoch schwertun, zehnjährige Zeitfenster zu finden, in denen die Aktien nicht zugelegt haben. Ein Blick auf sogenannte Sparplandreiecke kann hier sehr hilfreich sein.

Gleichviel; die ersten Wochen des Jahres haben einen kräftigen Kursrutsch bei langlaufenden Anleihen erbracht. Man schaue sich einmal den Kursverlauf der hundertjährigen Österreich-Anleihe an. Darüber hinaus kann man im Anleihesegment niedriger Bonität (High Yield Bonds) mit Fug von einem Crash sprechen. Anleger, die Mut zu niedrigen Bonitäten besitzen, finden in diesem Segment inzwischen durchaus ansprechende Renditen.

Steigende Zinsen verteuern die Finanzierung von Staaten und Unternehmen. Kapitalsammelstellen, die nach Marktwerten bilanzieren müssen, werden dicke Kursverluste ausweisen müssen. Für Vorsorgeeinrichtungen und Kapitallebensversicherungen könnte größeres Ungemach drohen. Jene Institutionen, die in den letzten zehn Jahren den Weg zu höheren Aktienanteilen am Portfolio nicht gefunden haben, geraten in die Bredouille. Ihre Zahl ist nicht gering. Die Altersvorsorgekrise dürfte sich zunächst verschärfen.

Zugleich ist aber klar, dass die Politik an diesem Szenario wenig Gefallen finden wird. Daher spricht Vieles dafür, dass die Notenbanken alles in ihrer Macht Stehende tun werden, um die Geschwindigkeit und das Ausmaß der Zinsanstiege zu begrenzen.


Aus Chicago

Ihr

Dr. Christoph Bruns