Unabhängig von der Messmethodik und der Definition von Vermögen ist das Reich der Mitte der große Aufsteiger der letzten Jahre. Wenngleich es angesichts der hohen Bevölkerungszahl für einen Platz unter den ersten zwanzig Nationen für Rotchina noch nicht gereicht hat ist der Aufstieg doch unübersehbar. Die prominenten Platzierungen Hong Kongs und Taiwans geben einen guten Indikator für den weiteren Aufstieg Chinas vor. Auf der Basis des durchschnittlichen Gesamtvermögens pro Erwachsenem nimmt die ehemalige britische Kronkolonie weltweit den dritten Rang ein. Taiwan landet in der Statistik auf dem fünfzehnten Platz.
Ganz vorne findet sich die Schweiz, die sich mit der Position als reichstes Land der Welt schmückt. Helvetien verweist die USA auf den zweiten Platz und erreicht einen durchschnittlichen Vermögenswert pro Erwachsenem von 696.000 $, der mehr als sechzig Prozent über dem entsprechenden Wert des reichsten EU-Landes – Dänemark – liegt. Die erwachsenen Bürger Deutschlands verfügen nach Recherchen von Credit Suisse über ein durchschnittliches Vermögen von 257.000 $ und damit ca. 60% weniger als die Schweizer Bürger. Das qualifiziert Deutschland für den siebzehnten Rang der weltweiten Tabelle.
Betrachtet man anstatt des Durchschnitts nunmehr den Median der Vermögen, dann verschiebt sich das Bild ein wenig. Während die Schweiz bei der Medianbetrachtung auf den dritten Platz zurückfällt, schiebt sich Australien in die Pole-Position gefolgt von Belgien und Neuseeland vor. Hier ist zu bedenken, dass die Bürger Australiens wie kaum ein anderes Land von dem Rohstoffboom des letzten Jahres profitierten.
Die USA fallen angesichts der hohen Vermögenskonzentration auf den achtzehnten Platz zurück, während Deutschland gar nicht mehr unter den zwanzig Ländern mit den vermögendsten erwachsenen Bürgern vertreten ist. Beachtlich ist indessen die vorteilhafte Positionierung von Deutschlands Nachbarländern. Denn nicht nur die Schweiz, sondern auch Belgien, die Niederlande, Dänemark, Großbritannien, Frankreich und Italien liegen in der Vermögensstatistik deutlich vor Deutschland.
Im Ganzen wird man das vergleichsweise geringe Vermögen der Deutschen auf deren Sachwertfeindlichkeit zurückführen können. Über Jahrzehnte wurde das Thema Aktien- und Immobilienbesitz von der Politik ignoriert. Auch hat die Abschaffung realer Habenzinsen durch die Europäische Zentralbank den Abstieg Deutschlands in den Vermögensstatistiken beschleunigt. Und das Jahr 2022 wird die benannten Trends noch wesentlich beschleunigen.
Aber wir dürfen uns trösten. Immerhin sind wir Deutsche angesichts der hohen Steuer- und Abgabelast Bürger eines vergleichsweise wohlhabenden - wenn auch hoch verschuldeten - Staates. Während in anderen Ländern der Wohlstand der Individuen priorisiert wird, setzt man in Berlin stärker auf das Kollektiv. Obendrein hat es seine Vorteile, von reichen Nachbarländern im Norden, Westen und Süden umgeben zu sein.
Aus Chicago
Ihr
Dr. Christoph Bruns